Vierteljahresschrift für das Gesamtgebiet der katholischen Theologie
Begründet von Kardinal Leo Scheffczyk • ISSN 0178-1626
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Zusammenfassung

Michael Stickelbroeck:
Das cerebrale Subjekt
Anfragen an eine Neurophilosophie
(FKTh 2015-4, S. 254–274)

Der Beitrag geht auf die Herausforderungen ein, die die Neurowissenschaften in ihrem philosophischen Anspruch an ein metaphysisches Verständnis vom Menschen als Person stellen. Nach einer Verortung der Neurowissenschaften in einer globalen »Therapiekultur« mit ihrem schwachen Subjekt werden einige fundamentale Reduktionismen herausgearbeitet, von denen die »Neurophilosophie« ausgeht, um ihnen anhand von philosophischen Argumenten zu begegnen. Ein reduktiver Naturalismus, der das bewusste Selbst als eine vom Gehirn erzeugte »user illusion« ansieht, bringt jede geistige Intentionalität zum Verschwinden. Unter der Voraussetzung, dass alle theoretischen Erklärungssysteme von neuronalen Prozessen im Gehirn generiert werden, ist aber der diskursiv-kognitive Anspruch der eigenen Aussagen nicht mehr zu halten: Als vollständig vom Gehirn produzierte Anschauungen bleiben sie in der neuronalen Realität der „Gehirnheit“ (brainhood) gefangen und entbehren einer entscheidenden Dimension: nämlich jener der vernünftigen Allgemeinheit, die nur aufgrund einer Intentionalität des Geistes eröffnet ist. Ohne eine solche tritt die Eigenart des Geistigen überhaupt nicht in den Blick.

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