Vierteljahresschrift für das Gesamtgebiet der katholischen Theologie
Begründet von Kardinal Leo Scheffczyk • ISSN 0178-1626
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Zusammenfassung

Johannes Nebel:
Die participatio plena et actuosa im Lichte der sacra potestas
Klärungsversuche zur Sinnerhellung christlicher Liturgie
(FKTh 2016-1, S. 1–22)

Die Abhandlung hat zum Ziel, zwei unverzichtbare Begriffe der Theologie der Liturgie fruchtbar miteinander zu konfrontieren: Sacra potestas ist zentral für die traditionelle Auffassung der Liturgie; participatio ist zentral für die liturgische Erneuerung des 20. Jahrhunderts. Dabei zeigt sich, dass der Begriff participatio, genau analysiert, gerade in seiner Unterscheidung von der Liturgie als actio sacra praecellenter (SC 10) sinnvoll ist und deshalb auf sacra potestas der amtlichen Diener verweist. Dies wird aus der Logik des Begriffs participatio, aus der Heilsgeschichte und aus dem Prinzip der analogia entis aufgezeigt. – Umgekehrt wird die bleibende Bedeutung bevollmächtigter liturgischer Diener (der Kleriker) auch im Blick auf den Willen des Zweiten Vatikanischen Konzils herausgestellt. – In einem dritten Schritt der Überlegungen zeigt sich aber, dass auch der Gesamtheit aller Gläubigen in einem grundlegenden Sinne sacra potestas zukommen muss und dass gerade daran das Verhältnis der Liturgie zur Welt verankert ist. Das Weltverhältnis der Liturgie aber lässt die Frage nach der Kultkraft wichtig werden, was dazu veranlasst, die sacra potestas der Kleriker und das Wesen des bevollmächtigten liturgischen Aktes theologisch darzustellen. Dies Letztere hat aber sein entscheidendes Fundament im liturgischen Gedächtnis (Anamnese), womit das konkrete liturgische Wort theo - logische Bedeutung erhält. – Das Wort erscheint somit als Angelpunkt liturgischer Kultkraft. Auch der Struktur des Ordo, in den die Kleriker eingegliedert sind, kommt selbst ein worthafter Charakter zu. Für die Kultkraft wird daher bedeutsam, wie ausdrücklich die Struktur des Ordo die sacra potestas nachzeichnet. – All dies wird fruchtbar gemacht, um den Begriff participatio differenziert zu klären: Dabei zeigt sich, dass, wie den Gläubigen eine grundlegende potestas zukommt, so auch im Gegenzug den Klerikern die participatio zukommen muss, sogar an ihren eigenen liturgischen Vollzügen. – Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind jedoch Tendenzen erkennbar, participatio und actio zu der neuen Synthese der celebratio begrifflich zu fusionieren. Dies weist darauf hin, dass beide Ausgangsbegriffe nicht mehr in Komplementarität zueinander, sondern unausgesprochen in Konkurrenz zueinander aufgefasst werden. In der neuen Synthese verlieren sie ihre bisherige Tragweite, mit Folgen für das Konzept des hierarchischen Ordo und für das Verhältnis zwischen Liturgie und Welt.

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