Zusammenfassung

Imre von Gaál:
Joseph Ratzinger: Glaube und Vernunft
Die Geschichte zweier Texte: eine Predigt und ein unterdrückter Vortrag
(FKTh 2023-1, S. 1–11)

Glaube und Vernunft sind zwei untrennbare Pole des einen menschlichen Geistes. Dieser Aufsatz versucht, zwei bedeutsame, aber bisher wenig beachtete Texte miteinander in Beziehung zu setzen, in der Hoffnung, dadurch 1. den katholischen Zusammenhang von Glauben und Vernunft und 2. das intellektuelle Vermächtnis zu erhellen, das der Priester und Professor für Philosophische Propädeutik und Fundamentaltheologie an der Universität München Gottlieb Söhngen (1892–1971) seinem berühmten Doktoranden Joseph Ratzinger (1927–2022) hinterlassen hat. Bei Söhngens Text handelt es sich um eine Predigt, die er unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 vor den Professoren und Studenten der Universität Bonn zur Eröffnung des Studienjahres 1946/7 gehalten hatte. Viele Jahre später sollte Papst Benedikt XVI. im Jahr 2008 an der einstens päpstlichen Universität La Sapienza in Rom einen Vortrag zu diesem wichtigen Thema halten. Der Vergleich zwischen diesen beiden Texten offenbart: 1. den Einfluss Söhngens auf Ratzinger, und 2. die bemerkenswerte Konsistenz und Kohärenz des katholischen Denkens zu diesem Thema über die Jahrhunderte hinweg.